Stefan Schüttler Die große Ruhe fällt mir als Erstes auf: Mitten in einem Wohngebiet finde ich die Schreinerei Schüttler in einer kleinen Seitenstraße gegenüber dem Friedhof. Frau Schüttler öffnet die Tür und zieht sich wieder an ihren Schreibtisch zurück, schreibt, nimmt Anrufe an, wiederholt immer wieder freundlich: „Er ist gerade im Gespräch.“ Das Büro ist ihre Domäne. Stefan Schüttler sitzt am Tisch auf einer alten Kirchenbank, daneben ein Opferstock aus Holz – Liebhaberstücke aus einer Kirchensanierung. Diverse Holzplatten hängen als Muster an der Wand, mitten im Raum stehen Modelle für Fenstereinbauten. Seit 18 Jahren führen beide gemeinsam den Familienbetrieb in der vierten Generation mit acht bis neun Mitarbeitern, gelegentlich arbeitet sein Vater noch mit. „Es hat einfach gepasst, auch Schreiner zu werden“, sagt er und zeigt mir den Betrieb.

Auf dem Hof stehen seine Oldtimer: ein alter Rosengart aus Frankreich von 1938, ein VW Kübel aus den 70er-Jahren und ein dreirädriger Lieferwagen von 1938. „Wir kommen eigentlich aus dem Gestellmacher-Handwerk, im Rosengart ist ja noch Holz mit Blech verarbeitet“, erklärt er seine Faszination. „Das passt gut zu unserer Firma und er fährt sogar noch.“

In der Werkstatt arbeitet ein Geselle an einem Holzbett. Aufträge für Privatkunden, der Umbau von Objekten, z.B. Banken oder Arztpraxen, und der Denkmalschutz wie die Erneuerung von Kirchenböden gehören zu Stefan Schüttlers Kerngeschäft. „Wir haben noch traditionelle Maschinen für Massivholzverarbeitung – Fräse, Kreissäge, Abrichte, Dicktenhobel –, aber auch eine moderne CNC-gesteuerte Fräse.“ Über den Maschinen: Anweisungen zur Arbeitssicherheit. „Die Holzabfälle zerhacken wir und pressen davon Brikets, mit denen wir heizen“, erzählt er. In einem Korb liegen kleine Massivholzklötze mit Einkerbungen. „Das sind Werbegeschenke. Jeweils sechs lassen sich zu einem Würfel zusammensetzen.“ Er lacht. „Probieren Sie mal.“

Wir gehen zurück ins Büro. Zwei der fünf Kinder kommen nacheinander vorbei, Stefan Schüttlers Vater bringt seiner Schwiegertochter einen Strauß Blumen. „Wat janz Besonderes“, sagt er. „Sehr schön, und die riechen sogar“, lobt sie ihn. Freundlich und ruhig treffen sie Verabredungen und Absprachen. Stefan Schüttler ist Mitglied im Kirchenvorstand, bildet Lehrlinge aus und engagiert sich im Prüfungsausschuss der Innung. Den Zivildienst hat er als Rettungssanitäter abgeleistet. Seinen Sinn für soziales Engagement gibt er an seine Kinder weiter. Sein wichtigster Wert: Ehrlichkeit.

„Was mich von vielen Kollegen unterscheidet? Ich gehe nicht so stark mit einem künstlerischen Wunsch, mich gestalterisch selbst zu verwirklichen, an meinen Beruf heran“, sagt er. Die Königsfrage für ihn: Was will der Kunde? „Das ist die oberste Maxime.“ Seinen eigenen Geschmack stellt er im Dienste des Kunden vollkommen zurück. „Wenn jemand alles in Eiche rustikal haben möchte, dann ziehe ich das durch, sodass am Ende alles passt und wirklich stimmig ist.“ Stefan Schüttler versteht es, vom Kunden aus zu denken: „Wenn ein Kunde nicht zahlen würde, dann würde ich das immer als meinen Fehler ansehen. Entweder hätte es an der Qualität der Arbeit oder der Beratung gelegen“, erklärt er geduldig. „Ich versuche die Kunden im Vorfeld gut zu beraten, und zwar nicht abschlussorientiert, sondern wertneutral.“ Diese Herangehensweise zeichnet ihn aus. „Ich verkaufe niemandem etwas, was derjenige nicht braucht“, lautet seine Philosophie. Auf Dauer zahlt sich das aus. Das ist ihm bewusst. „Ich hab kein Problem damit, wenn ich einen Auftrag nicht bekomme und dem Kunden vielleicht sogar abgeraten habe. Beim nächsten Mal weiß er auf jeden Fall, dass ich keinen Quatsch erzähle.“

Stefan Schüttler ist gerne selbstständig. Ausgehend von der Familientradition hat er sich zum modernen Unternehmer entwickelt, der nicht nur im, sondern vor allem am Unternehmen arbeitet, selbst gelegentlich eine Außenperspektive sucht, Beratung in Anspruch nimmt. „Es ist ein großer Fehler zu glauben, man wäre in seinen unternehmerischen Entscheidungen unfehlbar. Am Anfang hab ich nur gemacht, was so kam. Das ist noch kein unternehmerisches Handeln. Man muss wissen, wo man hin will, seine Zahlen kennen und Sachen strukturiert verändern.“

Einen guten Unternehmer zeichnen seiner Erfahrung nach drei Dinge aus: Er muss sich mit dem Kaufmännischen auskennen. Er muss seine Mitarbeiter dazu bringen können, das Beste zu machen. Und er muss mit den Kunden richtig umgehen können, sodass sie nach ihren Vorstellungen das Beste erhalten und das auch erkennen können. Und: „Ich glaube, dass das Persönliche immer noch das Wichtigste ist“, sagt er abschließend.
Stefan Schüttler überzeugt – als Unternehmer und als Persönlichkeit.