Gedanken zum Wert Einklang

Ein Sonntagnachmittag in einer Galerie, im ältesten Haus von Neuss, schmale Stiegen, große Bilder, ein Raum mit Stehtischen, wenige Sitzplätze. In der Mitte sitzt du, platziert auf einem Barhocker, vor dir ein Mikrofon, das deine Stimme auf die Box überträgt. Du bist allein mit deiner Gitarre, singst Lieder aus deiner Heimat Argentinien. Dann führst du uns durch ganz Lateinamerika – Tango, Bossa Nova, Samba, deine Finger streicheln die Seiten, zupfen, klopfen.

Beim Singen schließt du die Augen, du bist wieder da, unter der gleißenden Sonne deiner Heimat erstrahlt dein Gesicht. Der Rhythmus erfasst deine kräftige Gestalt, nimmt Besitz von dir, bis deine Füße sich vom Hocker abstoßen und du für einen Moment in der Luft tanzt.

In der Pause sprechen wir kurz im Stimmengewirr der Menschenmenge, du beugst dich vor, dein Atem streift meinen Hals.

Zu Hause angekommen, schreibe ich dir meine Idee: Wir beide gemeinsam auf der Bühne – Musik und Lesung. Deine Antwort: enthusiastisch! Isabell Allende, Pablo Neruda, Gabriel Garcia Marquez – wir beide führen gemeinsam durch die Länder Lateinamerikas: Sprache und Musik, Poesie, Rhythmus, Klang, Feuer, Licht.

Du besuchst mich mit deiner Gitarre, singst für mich; ich singe für dich am Klavier. „Kollegin“, sagst du anerkennend, ich denke: „Freunde“.
Bevor du dich verabschiedest, schenke ich dir eine Flasche Wein. Im Flur stehend, hebst du die Hände: „Komm, Tango“, sagst du und führst mich sicher und leicht.

Wir werden beide leuchten.
Gracias a la vida.

„Lebenskunst besteht darin, die eigene Natur mit der eigenen Arbeit in Einklang zu bringen.“ (Luis Ponce de Léon)